enes
bildtext

Neuigkeiten

Update Oktober 2018

Es gibt vorläufige Ergebnisse der CECyTE Messkampagne von März bis Mai 2018. Inzwischen ist seit Oktober bereits die 3. Messkampagne angelaufen. Etwa 30 neue Teilnehmer inklusive 2 bis 5 Taucher werden bis März 2019 wieder Daten sammeln.
Das Host-Projekt Xibalba mit der Universität von Neuchatel wurde zwar inzwischen beendet, doch ein Folgeprojekt ist bereits beantragt und im Falle einer positiven Entscheidung werden die nun in XIB_TCS gesammelten Daten zu weiteren Analysen beitragen.
Zwei Diplomarbeiten wurden im Rahmen der bisherigen Kooperation fertiggestellt, die letzte Publikation ist unter https://rdcu.be/6PUe abrufbar.
Schlechte Nachricht: Der sturmreiche Herbst hat einen Sensor an der Karibikküste auf dem Gewissen. Die Station hielt den mächtigen Wellen nicht Stand, obwohl sie an der Innenseite einer Bucht installiert war.

» more

Was messen wir und was können wir daraus lernen:

Es gibt unterschiedliche Wasserparameter, die wir messen. Hier wollen wir uns vor allem mit dem komfortabelsten Test befassen, dem 'ProScan'-Meßstreifen Test mit Smartphone-Applikation der deutschen Firma JBL. Dieser Test ist einfach zu erlernen und schnell durchführbar.
Sehen wir uns an, welch interessante Fragen damit schon behandelt werden können.
Die mit diesem Test meßbaren Parameter sind Gehalte von Nitrit NO2, Nitrat NO3, Gesamthärte GH, Karbonathärte KH, Säuregehalt pH, Chloringehalt Cl2 (weniger wichtig in unserem Fall) und Kohlendioxidkonzentration CO2.

Die Fragen, bei deren Beantwortung wir mit diesen Messungen mithelfen wollen, sind:

Wie entwickelt sich das Unterwasserhöhlen- und Grundwasserleitersystem?
Wie aktiv ist die Kalksteinlösung und was sind die Hauptursachen?
Wie ist das Höhlensystem vernetzt und was sind die Hauptströmungswege des Grundwassers?
Wie sieht es mit der Aktivität von Bakterien im Grundwasser aus?
Wie bilden sich Cenoten?


Für diese Fragen kann der Test bereits wertvolle Informationen geben, die im Folgenden etwas näher beschrieben werden.


Härte des Wassers (GH, KH)

Die Wasserhärte des Grundwassers ist ein Maß für die Konzentration von gelösten Ionen der Erdalkalimetallen wie Kalzium, Magnesium (weniger bedeutend Strontium und Barium), die potentiell Abscheidungen als ‚Carbonate‘ bilden können. Dabei spielt Kalzium die Hauptrolle, weil es sich aus Kalkgestein löst bzw. Kalk bilden kann (z.B. Tropfsteine). Wichtig dafür ist Kohlendioxid, das im Wasser zu Kohlensäure wird und den Kalk auflöst. Das Kohlendioxid stammt aus der Luft (global ansteigend) und von im Boden lebenden Bakterien.
Darüber hinaus können sich Erdalkalimetalle auch in Meerwasser lösen und sich umgekehrt als verschieden Salze oder Sulfate abscheiden. Lösung oder Abscheidung ist ein Wechselspiel und wird gesteuert von den Konzentrationen von Ca, Mg, CO2, sowie Druck und Temperatur.
In der Region Tulum sind in der Süßwasser-Schicht des Grundwassers Kalzium und Magnesium-Ionen vorhanden, die durch Auflösung des Kalksteins im Süßwasser, oder durch Mischung mit Salzwasser im Übergangsbereich von Süßwasser zum Salzwasser - Halokline oder Mischzone genannt - entstehen.

Die Allgemeine oder Gesamthärte GH umfasst alle möglichen genannten Ionen, ob sie durch Kohlensäure oder durch andere Prozesse (Schwefelsäure, Salpetersäure,…) gelöst wurden.
Die Gesamthärte GH kann getrennt werden in Karbonathärte KH und der Nicht-Karbonathärte.
Die Karbonathärte KH ist die Menge an Calcium (Ca2+)-Ionen in Lösung, die durch CO2 bzw. Kohlensäure gelöst wurden.

Nicht-Carbonat-Härte ist der Beitrag von überschüssigen Ca2+ -Ionen die durch andere Prozesse bzw. Säuren gelöst wurden oder andere Ionen wie Sulfat SO4(2+) oder Magnesium Mg2+ (die allgemeine Regel ist, daß Ionen mit Wertigkeit von 2+ oder höher für die Wasserhärte verantwortlich sind).

In Süßwasser von Tulum befindet sich die Ca und Mg-Konzentration allgemeinen im Gleichgewicht, d.h. es wird weder viel weiterer Kalk gelöst, noch wird Kalk abgeschieden. Regenwasser, in dem sich Kohlendioxid aus Luft und von Bodenbakterien löst, kann aber jedenfalls auf dem Weg durch Gesteinsspalten und Risse Kalk lösen, was meistens oberflächennah erfolgt, aber zu einem gewissen Teil auch noch in den Höhlen passieren kann.
Steigende CO2 Konzentration in der Luft oder durch starke bakterielle Aktivität im Boden kann zu weitere Kalklösung führen. Im Mischungsbereich von Süß- und Salzwasser um die Halokline (das schwerere Salzwasser liegt unter dem leichteren Süßwasser) hat die Wassermischung ein höheres Lösungsvermögen für Kalk – deshalb sind Unterwasserhöhlen in diesem Bereich oft breiter ausgehöhlt.
Warum ist die Wasserhärte wichtig? Hier ist es nicht, weil hartes Wasser Kalkbeläge in Kochtöpfen, Kaffeemaschinen oder Waschmaschinen produzieren kann. In unserem Fall ist es ein wichtiger Parameter, weil er uns etwas über die "Aktivität" der Karst-Entwicklung erzählen kann, d.h. die Entwicklung des ganzen Grundwasserleiter- und Höhlensystems im Untergrund von Tulum.
Die Karbonathärte kann in die Kalziumkonzentration in mg/l umgerechnet werden. Beispielwerte für die durchschnittliche Kalziumkonzentration sind im Meerwasser an Tulums Küste 420 mg/l und in der Süßwasserschicht 70-110 mg/l. Salzwasser unterhalb der Halokline ähnelt dem Meerwasser, aber die Kalziumkonzentration steigt in Richtung Inland auf 500+ mg /l an.


pH-Wert

Der pH-Wert ist ein Maß für den sauren oder basischen Charakter des Wassers. Die Messung des pH-Wertes hilft, die Kohlendioxid konzentration abzuschätzen, da er vom Kohlensäuregehalt abhängt. Axayacatl Maqueda Estrada, Doktorand an der Universität Neuchatel / CHYN: "Die pH-Werte in Wasserproben aus Tulum liegen meist etwas über oder unter 7, da Wasser mit löslichen Karbonatgesteinen in Berührung gekommen ist. Die meisten Süßwasser und Salzwasserproben befinden sich in der Nähe des Gleichgewichts mit Calcit. Eine Überraschung wäre, wenn jemand einen niedrigen pH-Wert mißt, d.h. zB. 6. Das saurere Milieu würde auf ein hohes Maß an gelösten Kohlendioxid (Kohlensäure) hindeuten, das von Bakterien produziert wird, die im Boden organische Substanz zersetzen.

CO2

Die Auflösung des Kalksteins im Grundwasser braucht einen Akteur, und das ist das bereits erwähnte Kohlendioxid, das im Wasser zu Kohlensäure wird. Viele Bakterien brauchen Sauerstoff und produzieren Kohlendioxid wie wir beim Atmen. Um am Leben zu bleiben, brauchen die Bakterien auch Nahrung, die aus abgestorbenen Pflanzen und anderen organischen Stoffen stammt. Daher liefert die CO2-Verteilung ein Bild davon, wo die Bakterien- und Lösungsaktivität auf höherem oder niedrigerem Niveau verläuft, und wie organische Substanz verteilt ist. In diesem Test wird die CO2-Konzentration nicht direkt gemessen, sondern aus der gemessenen Karbonathärte und dem pH-Wert berechnet.
Eine höhere CO2-Konzentration ermöglicht eine stärkere Kalklösung – also Bildung von Höhlen bzw. Grundwasserleitersystemen.

Wenn wir die Verteilung der CO2-Konzentration abbilden können, bekommt man ein Bild über die Kalksteinlösungs-Aktivität im Karst-System, und damit indirekt eine Momentaufnahme der Entwicklung des Höhlensystems. Und es ist eine offene Frage: Ist die Bakterienkonzentration/CO2-Produktion gleichmäßig verteilt oder an einigen Orten in oder um Tulum konzentriert?


Nitrit (NO2-) + Nitrat (NO3-)

Diese Komponenten entstehen beim Abbau von organischem Material durch Bakterien. Nitrit ist giftig. Seine Konzentration nimmt zu, wenn der Eintrag von organischem Material zunimmt und/oder die Bakterien es nicht schaffen, genügend Nitrit in Nitrat umzuwandeln (oder auch es gibt nicht genügend Sauerstoff, um es zu oxidieren).

Nitrat ist nicht giftig und ein wichtiger Pflanzennährstoff, der Grundlieferant von Stickstoff. Zunehmende Konzentration hat in Cenotes schnelleres Algenwachstum zur Folge, da Licht zur Verfügung steht- in den Höhlen ohne Licht wird es nicht aufgenommen sondern bleib im Wasser vorhanden, bis es wieder an Orte mit Licht und Pflanzen gelangt. Dann kann es bei hohen Konzentrationen zur Algenwucherung kommen und der Sauerstoff im Gewässer aufgebraucht werden, wodurch andere Lebewesen ersticken können (Eutrophierung)
Nitrit in geringen Konzentrationen wie auch Nitrat in hoher Konzentration sind also Schadstoffe. Das Hauptinteresse liegt in ihrer Konzentration im Trinkwasser wegen der nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit: Vitamin A-Mangel, Anämie, etc.; Kinder sind gefährdeter (siehe Artikel über Nitrit/Nitrat im Grundwasser in 'Downloads').


Die wichtigsten Nitratquellen der Region und Yucatan-weit sind unbehandelte Abwässer und Schweinefarmen. Im Jahr 2009 wurde die Schweinepopulation auf rund 670 000 Individuen geschätzt. Zudem haben Schweine einen schnelleren Stoffwechsel als Menschen (etwa siebenfach). Schweine erzeugen also mehr Exkremente. So sind 670 000 Schweine gleichwertig mit etwa 4,4 Millionen Menschen in Bezug auf Verschmutzung (zum Vergleich bewohnen die Halbinsel Yucatan etwa 2 Millionen Menschen). Und Schweinemist geht ungefiltert in das Grundwasser (nähere Einzelheiten siehe Artikel im "Downloads" - "'impact of pig farms ").
Zusammenfassend: Nitrit und Nitratgehalte geben Aufschluß über die Auswirkung von Menschen (und Schweinen) auf das Grundwasser wie auch über mögliche Gesundheitsgefährdung.




Zusammenfassend:
Um den komplexen Prozess der Kalksteinlösung, dh. den hydro/geochemischen Beitrag zur Entwicklung von Höhlen im Grundwasserleitersystem zu bewerten, müssen alle Parameter berücksichtigt werden - GH, KH, CO2, pH, Salzgehalt wie auch Niederschlagsdaten.
Nitrit und Nitrat geben Auskunft über die Wasserqualität.
Im Streifentest ist auch noch Cl2 – Chlorid beihnaltet. Dieser Parameter spielt aber ins unserem Fall keine Rolle, da Chloride in manchen Ländern zur Desinfektion von Trinkwasser eingesetzt wird und so nicht in natürliches Wasser gelangt.


Nächste Schritte:

Wasserstands-, Temperatur-, Salzgehaltsmessungen (durch elektrische Leitfähigkeits- und/oder Dichtemessungen), Strömungsgeschwindigkeiten, sowie Phosphat, Sauerstoff, Kalzium- und Magnesiumtests, schließlich einfache E.-Coli Bakterienanalysen sollen das Monitoring komplettieren und einen umfassenden Datensatz bilden, dessen Analyse einen tieferen Einblick in den Zustand, die Gesundheit und die Dynamik dieses komplexen und vielfältigen Grundwassersystems erlaubt.
Eine Erhöhung der Anzahl der Meßorte und Messungen wird auch angestrebt, da bei guter räumlicher und zeitlicher Abdeckung des Meßgebietes die Verteilung und Variation der Wasserqualität und vielleicht sogar Ausbreitungswege für möglicher Schadstoffe abgeschätzt werden können.
Für die Karstforschung ist eine möglichst gute Karte der Kalk-Lösungskapazität essentiell (ableitbar von den Parametern GH, KH, Co2, pH, Ca, Mg).

JBL Amigos de Sian Ka an Geological Survey of Austria OEAD FWF HOME